veröffentlich Anfang Dezember 2016 im Anarcho Infoblatt Jena #7
Seit diesem Sommer gibt es unsere AG zu Arbeitsverhältnissen im Bildungsbereich. Seit Oktober führen wir drei Arbeitskonflikte und suchen auch an anderer Stelle Stunk. Das wollen wir kurz vorstellen und würden uns freuen, wenn Leute dadurch Lust bekommen, mitzumachen oder uns zumindest bei Kundgebungen, durch Soli-Erklärungen oder eigene Aktionen zu unterstützen.
Die Bildungs-AG
Nach dem Arbeitskonflikt im CATI-Labor der Uni Jena, in dem studentische Arbeiter_innen gemeinsam mit der FAU Erfurt/Jena diesen Sommer der Beschäftigung über Werkverträge und Scheinselbstständigkeit ein Ende gesetzt haben, wurde die offene Bildungs-AG der FAU Erfurt Jena gegründet. Die FAU, die Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union, ist eine anarchosyndikalistische Gewerkschaft, die in Jena seit 2012 vor allem im Minijobbereich aktiv ist. Unsere Bildungs-AG ist an die FAU angeschlossen, aber offen für alle Bildungs-Arbeiter_innen, egal ob Gewerkschaftsmitglied oder nicht. Wir sind ehemalige und aktuelle studentische Hilfskräfte (SHK), Lehrbeauftragte und selbstständige Bildungsarbeiter_innen.
Bevor wir zur Sache kommen, wollen wir ein was nochmal klarstellen. An der Uni wird gegen die FAU gewettert, dass sie die Studierenden für ihre Zwecke instrumentalisiere und über ihre Köpfe hinweg Arbeitskonflikte simuliere. Das ist eine Lüge, die von Profs mit Boss-Allüren und ihren getreuen Karriere-Hiwis verbreitet wird und darauf zielt, die entstehende Klassenkampf-Praxis unter den studentischen Arbeiter_innen im Keim zu ersticken. Fragt die beteiligten Leute aus dem CATI-Labor, dem Methodenlabor, vom Unkraut-Jäten usw., mit denen wir gemeinsam kämpfen. Sie können alle bestätigen, dass im Rahmen der FAU alle Entscheidungen gemeinsam mit den Arbeiter_innen getroffen werden und sie bei allem das letzte Wort haben. Genau das Gegenteil von den gewerkschafts- und FAU-feindlichen Gerüchten, die kursieren.
Aktuelle Arbeitskonflikte
#1 Tariflohn fürs Unkraut-Jäten: Stellt die Uni Arbeiter_innen ein, muss sie das nach dem Tarifvertrag des Landes und nach Tariflohn (mind. 9,70€) machen. Es sei denn, es handelt sich um „wissenschaftliche Arbeit“ – dann darf sie Studierende als Hilfskräfte (SHK) zum Mindestlohn (8,50€) einstellen. Um auf unsere Kosten Geld zu sparen, verkauft die Uni nun alle möglichen Arbeiten als „wissenschaftlich“ und stellt SHKs ein. So auch beim Unkrautjäten auf den Versuchsflächen des Jena-Experiments der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät. Mitte Oktober hat ein Kollege von uns beim Präsidenten der Uni den Tariflohn gefordert. Das ist nicht das erste Mal, dass die Unkraut-Jätis sich wehren. Es gab aber auch dieses Mal keine Reaktion, also haben wir die Uni verklagt. Bei der Güte-Verhandlung vom 17. November vorm Arbeitsgericht gab es keine Einigung. Also wurde für den 17. Mai 2017 eine Verhandlung vor der Kammer des Arbeitsgerichts in Gera angesetzt. Dort steht eine Grundsatzentscheidung bezüglich der Kriterien für die Einstellung von SHKs aus. Bis dahin wollen wir ordentlich Druck machen, um durchzusetzen, dass wir studentischen Arbeiter_innen uns nicht benutzen lassen, um den Tarifvertrag durch SHK-Verträge zu unterlaufen, um also die Arbeitsverhältnisse insgesamt immer weiter zu prekarisieren!
#2 Die drei Methodenlaborant_innen: In der ersten Jahreshälfte haben sie als Studentische bzw. Wissenschaftliche Hilfskräfte im Methodenlabor der Soziologie als Aufpasser_innen und Putzkräfte gearbeitet. Von ihnen wurde erwartet, dass sie ca. das anderthalbfache der vertraglich festgelegten Stunden arbeiten (z.B. 16 Monatsstunden statt 10, 28 Monatsstunden statt 18) – freilich ohne Bezahlung der Überstunden. Darüber hinaus gab es keinen Urlaub. Es haben sich Lohnnachforderungen jeweils im dreistelligen Bereich ergeben, die wir Ende Oktober dem Präsidenten der Uni Jena haben zukommen lassen. Darüber wurde bei der Institutskonferenz von Anfang November auch das Institut für Soziologie informiert. Nun organisieren wir den Kampf um die ausstehenden Löhne.
#3 Die zwei Honorarkräfte an den Euro-Schulen: Zwei selbstständige Bildungsarbeiterinnen haben vor einem halben Jahr an den Geraer Euro-Schulen die Vertretung in einem Deutschsprachkurs für Geflüchtete übernommen. Nach knapp zwei Wochen wurde dieser von der Koordinatorin ohne Absprache abgeblasen. Seitdem haben sich die beiden bemüht, an ihr Geld zu kommen. Die Euro-Schulen verweigern allerdings die Honorarzahlungen. Deswegen haben wir Anfang Dezember ein Forderungsschreiben rausgeschickt und warten nun auf die Antwort.
Macht mit!
Das sind nicht die einzigen, sondern die gerade akuten Arbeitskonflikte. Wir haben noch einige Ideen und Vieles vor und würden uns freuen, wenn mehr Leute mitmachen. Überprüft, ob eure Arbeitsverhältnisse korrekt sind (schriftlicher Arbeitsvertrag, Urlaub und Urlaubsentgeld, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, bezahlte Überstunden, wirklich wissenschaftliche Tätigkeit etc.) und dokumentiert alles (Arbeitszeitpläne, Verträge, Mailkommunikation, etc.)! Fällt euch was auf, dann meldet euch gerne per Mail bei uns (unter fau-j.bildung@nadir.org) oder kommt direkt zu unseren Treffen. Sie sind offen und finden jeden zweiten Mittwoch im Infoladen Jena (Schillergässchen 5) statt. Das nächste Treffen ist am Mittwoch, den 14. Dezember, von 16 bis 18 Uhr. Wir arbeiten auch an einem Blog, der die Tage online geht: faujenabildung.blackblogs.org.