Klagen gegen die ThULB

Derzeit sind mehrere Klageverfahren gegen die Anstellungspraxis der Friedrich-Schiller-Universität an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (ThULB) anhängig. Geklärt werden wird, ob die Universität Bibliotheks-Putz und -Service-Kräfte als studentische Hilfskräfte anstellen darf, sprich ob deren Tätigkeit „wissenschaftlicher Art“ ist. Ist das Bücher-Sortieren und Einordnen von Loseblattsammlungen nicht wissenschaftlich, ist der Tarifvertrag der Länder (TV-L) anzuwenden. Und die Arbeitskräfte im Vergleich zum Mindestlohn mit mindestens 1,29 €/Stunde höher zu entlohnen – höherer Urlaubsanspruch, Jahressonderzahlung und Entfristung inklusive.¹ Was aber immer noch kein Studium frei von finanziellen Sorgen ermöglicht.

Für die ThULB werden en masse „studentische Hilfskräfte“ angeworben. Es gibt nur befristete Verträge und wer einen universitären Abschluss hat, der/die bekommt erst gar keine Anstellung. Denn als „wissenschaftliche Hilfskraft“, als die man dann angestellt werden müsste, gilt man zwar gemeinhin als qualifizierter, ist aber auch ein paar Euro teurer. Die Universität will für die ThULB-Beschäftigten aber nur das Allerwenigste zahlen: Mindestlohn. Gegen diese Bezahlung wehren sich nun einige ThULB-Beschäftigte mit dem Argument, ihre Arbeit sei nicht wissenschaftlicher Art. Dann dürften die Betroffenen nicht als studentische Hilfskräfte eingestellt werden. Wie sieht nun also die Arbeit der ThULB-Studis aus?

Die „studentischen Hilfskräfte“ an der ThULB räumen Montags – Freitags von 7 bis 9 Uhr die Bibliothek auf: Von Nutzer*innen zurückgebrachte oder auf Tischen liegengelassene, möglicherweise auch nicht korrekt einsortierte oder in falschen Regalen „versteckte“ Bücher müssen ab 9 Uhr morgens für die Nutzer*innen wieder in Reih und Glied gestellt werden. Zwecks Lüftung müssen zudem die Fenster geöffnet und am Ende wieder geschlossen werden. Zu guter Letzt gehören der Staub bekämpft, sprich die Bücherregale abgewischt. In den Abendstunden und am Wochenende, wenn die fest Angestellten sich in ihrem verdienten Feierabend befinden, besetzen die „studentischen Hilfskräfte“ die Informationstheken. Dort fallen verschiedenste Hilfstätigkeiten ein: Mal müssen neueste Lieferungen in die Loseblattsammlungen einsortiert werden, mal die Zeitschriften geordnet, mal neue Bücher gestempelt und beklebt werden oder zuweilen auch einfach nur Kartons gefaltet werden. Zudem werden hier potentielle Fragen von Nutzer*innen der ThULB beantwortet („Wo finde ich die Signatur?“ – „Können Sie den Papierstau beheben?“ – „Wo sind die Toiletten?“, etc.) und erneut Bücher in die Regale einsortiert.

Anscheinend sind das für die Uni wissenschaftliche Tätigkeiten, denn sonst würde sie ja nicht studentische Hilfskräfte dafür einstellen. Die hierzulande ohnehin regelmäßig ausgebeuteten Putzkräfte dürfen sich freuen: Putzen ist eine Wissenschaft! Aber welche Tätigkeit ist dann eigentlich keine Wissenschaft? Oder hat am Ende möglicherweise niemand ernsthaft über die Definition der Wissenschaftlichkeit nachgedacht, sondern einfach nur nach der billigsten Möglichkeit gesucht, notwendige Arbeiten erledigen zu lassen? Ein Schelm, wer dies behauptet! Auf dem Weg nach billigen Arbeitskräften ist für Universitäten der Weg über die „studentischen“ (ohne Abschluss) oder „wissenschaftlichen“ (mit Abschluss) Hilfskräfte sehr praktisch. Diese Gruppen sind nach § 1 Abs. 3c TV-L explizit ausgenommen vom – sonst einschlägigen – Tarifvertrag der Länder. Gewerkschaften und Länder haben mit der Ausnahmeklausel einen Weg gefunden, den öffentlichen Dienst an vielen Stellen billiger zu machen, als man es nach außen hin verkaufen mag: „Es gibt doch den Tarifvertrag.“ Der Tarifvertrag bleibt allerdings ein bruchstückhaftes Werk. Die Ausnahme ist die Regel. Und das läuft schon seit Jahren und in vielen Bereichen – auch und insbesondere – an Universitäten so. Wir fordern die Abschaffung der Ausnahmen und gleiche Rechte für alle Beschäftigten!

Fairer Lohn für faire Arbeit und für alle – das ist nicht zu viel verlangt! An allen Ecken und Enden werden Arbeitnehmer*innen über den Tisch gezogen. Vor Gericht kann man zumindest mühsam die Mindestrechte erstreiten, die Gesetzgeber oder Tarifvertragsparteien – natürlich aus freien Stücken und aus voller Gutmütigkeit und Barmherzigkeit *Ironie off* – den Angestellten eingeräumt haben. Um diese Rechte dann doch wieder regelmäßig im Vertrag zu negieren. Gewinner*in ist und bleibt der/die Arbeitsgeber*in, der/die nur hoffen kann, die Arbeitnehmenden möglichst lange stillschweigend erfolgreich um ihre eigentlichen und allzu schnell verjährten Rechte geprellt zu haben.

 

¹ Der Unterschied wäre kleiner, wenn die Universitäten sich orientieren würden an den Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Arbeitsbedingungen der wissenschaftlichen und studentischen Hilfskräfte – die interessieren aber anscheinend niemanden.